Big in 日本

Things are easy when you're big in Japan


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Drei Tage Zen

Zazen

Zazen

Vorne auf dem Kissen Platz nehmen und die Beine übereinanderschlagen, wenn möglich den Lotossitz einnehmen. Dann den Rücken lang strecken, das Becken nach vorn schieben und eine Haltung einnehmen, so stabil und majestätisch wie der Berg Fuji. Jetzt die linke Hand in den Schoß legen. Die rechte Hand ruht in der linken, die Daumen berühren sich sanft, so als würde man Buddha selbst in den Händen halten. Die Augen bleiben halb geöffnet, der Blick ist nach unten gerichtet, ohne Fokus. Nun tief aus- und wieder einatmen, aus dem Unterleib heraus. Die gesamte Aufmerksamkeit gilt der Atmung, das mentale Wirrwarr aus Gedanken, Bildern, Emotionen ist nicht mehr von Bedeutung; man lässt es vorbeiziehen, wie Wolken am Sommerhimmel.

Die Praxis des Zazen, der stillen, gegenstandslosen Meditation, gilt im Zen-Buddhismus als zentraler Pfad zur Erleuchtung. „Wer sitzt wie ein Buddha, ist auf dem Weg zum Buddha“, heißt es. Dennoch besteht das Leben in Zen-buddhistischen Tempeln und Klöstern nicht nur aus Sitzen. Egal ob Essen oder Staubsaugen, der Alltag selbst ist Training und dient der Kultivierung von Achtsamkeit. Was das konkret bedeutet, davon konnte ich mir bei einem dreitägigen Aufenthalt in einem Zen-Tempel selbst ein Bild machen. Weiterlesen


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Reisetagebuch (6): Der Mond in der Pfütze

Während meine Finger weiter durch das kleine Reisetagebuch blättern, schaue ich auf und blicke aus dem Fenster. Inzwischen ist es Nacht geworden und zwischen grauen Wolkenfetzen strahlt ein heller Vollmond. Der Anblick erinnert mich an ein Zitat von Dogen Zenji, der die Erleuchtung mit dem Mond verglichen hat, der sich selbst in der kleinsten Pfütze in all seiner Pracht spiegeln könne, ungetrübt und unaufhaltsam. Vom berühmten Zen-Meister wandern meine Gedanken weiter zu einem schneebedeckten Tempel inmitten dichter Bergwälder: Eiheiji. Einst kaum mehr als eine unbedeutende Enklave inmitten der Einsamkeit Nordwestjapans, ist das Zentrum der von Dogen begründeten Zen-buddhistischen Soto-Schule heute eine imposante Anlage, die jährlich zahllose Touristen und Pilger anlockt. Keine Frage, dass auch ich einen meiner Reisetage jenem berühmten Tempel gewidmet habe.

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Völlig von den Socken

Der Socken-Segen

Der Socken-Segen

Gerade noch hatte er von der neureligiösen Bewegung Sekai Kyusei Kyo erzählt, deren Mitglieder behaupten, sich selbst und andere mithilfe spezieller Amulette heilen zu können, jetzt kramt unser etwas verwirrt wirkender Lehrer gedankenverloren in seiner alten Ledertasche. In jungen Jahren habe er der Bewegung selbst angehört und jenes Amulett eingehend studieren können, murmelt er beim Suchen vor sich hin. Plötzlich scheint er den vermissten Gegenstand gefunden zu haben und hält ihn triumphierend in die Höhe. Es ist die täuschend echt wirkende Replik des Amuletts, das unser Sensei aus einer alten Tennissocke und Geschenkband angefertigt hat. Mit stolz geschwellter Brust fügt er hinzu, dass er trotz ausdrücklichen Verbots damals in das Innere des Amuletts geblickt und eine Kalligraphie des Zeichens für Licht vorgefunden habe. Während ich noch ernsthaft an dem Geisteszustand des Mannes zweifle, kommt er plötzlich auf mich zu und vollführt an mir exemplarisch einen Segen mit dem heiligen Licht, welches dem Amulett – bzw. der Socke – innewohne und Krankheiten heilen könne. Definitiv ein neuer Eintrag in meine Liste abgedrehter Erlebnisse in Japan… Weiterlesen


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Eine große Nase und ein breites Lächeln

Der Tempel Myoshin-ji

Beim Stichwort ZEN werden die meisten Menschen vermutlich an Mönche in schwarzen Gewändern denken, die sich mit strikter Disziplin der Meditation hingeben. Vielleicht kommen einem auch Bilder von Bonsais, penibel geharkten Steingärten oder Kalligraphie in den Sinn. Ich persönlich werde den Begriff in nächster Zeit vor allem mit einer Sache assoziieren: unfassbar gutem Essen.

Aber eins nach dem anderen. Wie schon so oft stand für uns am vergangenen Dienstag eine kleine Exkursion zu einer religiösen Stätte an. Diesmal ging es nach Myoshin-ji, einem Tempel der Zen-buddhistischen Rinzai-Schule. Hinter dem Namen Zen verbirgt sich eine faszinierende, aber auch sehr komplexe Ausprägung des Buddhismus, deren Lehre nur schwer in Worte zu fassen ist. Grundsätzlich zeichnet sich Zen durch eine besondere Wertschätzung der Meditationspraxis aus. Schon der Name lässt sich auf den altindischen Begriff „Dhyana“ zurückführen, womit ein durch Meditation erworbener höherer Bewusstseinszustand gemeint ist. Für die konkrete Praxis bedeutet dies, dass im Zen die tägliche Meditation und die eigene Anstrengung als zentraler Weg zum Erreichen von Satori (Erwachen/Erleuchtung) gilt, während Glaube und metaphysische Spekulationen abgelehnt, teilweise sogar verspottet werden. Nicht nachdenken, einfach sitzen und meditieren. Nichtsdestotrotz haben die Zen-Mönche im Laufe der Geschichte keineswegs nur auf ihren Kissen gesessen, sondern auch eine unglaubliche Fülle an hochkomplexen philosophischen Schriften hervorgebracht. Weiterlesen


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Studieren und Spazieren

Ich bin nicht nur nach Japan gekommen, um Manga-Läden zu durchstöbern und mich durch die hiesige Küche zu futtern, sondern auch, um etwas zu lernen – zumindest rede ich mir das ein. Immerhin habe ich jetzt die Gelegenheit dazu, denn in der vergangenen Woche hat das Programm an meinem Studienort, dem „NCC Center for the Study of Japanese Religions“, offiziell begonnen. Der Einstieg war gleich ein Paukenschlag, denn nach einer kurzen Einführungsveranstaltung eröffnete Prof. Jeffrey Mensendiek das Programm mit einem sehr interessanten, aber auch erschreckenden Vortrag über die Lage in Fukushima. Als Amerikaner, der seit frühester Kindheit in Nordwest-Japan lebt, konnte uns Prof. Mensendiek einen tiefen Einblick in die Geschehnisse der letzten Jahre und vor allem die haarsträubende Vertuschungs- und Beschwichtigungspolitik der japanischen Regierung bieten. Mehr dazu auf seinem Blog: http://jeffreyfromjapan.blogspot.jp/

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Lost in Translation

Falls jemand von euch nach dem Lesen meiner letzten Einträge schon die ersten Pläne für einen Trip nach Japan schmieden sollte, möchte ich ihm oder ihr zuvor diesen Ratschlag ans Herz legen: Lern vorher Japanisch! Ich habe im Vorfeld meiner Reise damit gerechnet, in Kyoto vielen Menschen zu begegnen, die nur schlecht bzw. mit starkem Akzent Englisch sprechen. Ich hatte mir sogar Sorgen gemacht, vielleicht gar nicht dazu zu kommen, mein Japanisch auszuprobieren. Ich hatte ja keine Ahnung. Weiterlesen